Freitag, 27. Januar 2006

Aufbruchstimmung, oder?

Als er aus der Haustür trat war es noch dunkel und der bitterkalte Wintermorgenwind trieb ihm die Tränen in die Augen. Fast hätte er sich einfach wieder umgedreht und wäre ins Haus zurückgegangen. Fast! Doch es ging nicht anders: Wie jeden Tag aufs Neue, so hatte er auch heute diese verhängnissvollen Schritte gemacht, die ihn aus der Behaglichkeit seines warmen Bettes zuerst ins kühle Badezimmer, dann in die Küche und schließlich auf die dunkle Strasse führten. Und dann würde er zur Arbeit fahren, sich hinter seinen Schreibtisch setzen und auf den Feierabend warten.

Warum, fragte er sich oft, tat er sich diese Tortur eigentlich an? Welchen Sinn machte das alles? Wie gern wäre er noch im Bett geblieben. Sollte er nicht doch einfach zurückgehen, alles vergessen und sich unter seine Bettdecke verkriechen? Noch saß er nicht in seinem Wagen, noch hatte er nicht mühsam mit seinem kleinen Eiskratzer die Scheiben freigekratzt. Es würde sich noch lohnen für ihn und der Schlaf würde bestimmt schnell wieder zu ihm finden.

Vielleicht sollte er aber auch doch in sein Auto steigen und einfach wegfahren. Weg aus diesem grauen Leben, aus diesem grauen Alltag. Er könnte es tun! Die Wohnung war abgeschlossen, der Herd aus und Haustiere hatte er nicht. Er könnte einfach irgendwohin fahren, wo es warm ist und wo er alle Sorgen vergessen könnte. Er könnte es tun! Einfach aussteigen und neu anfangen. Es wäre garnicht schwer... Er könnte zur Bank fahren, all sein Geld abheben und irgendwo neu anfangen! Vielleicht in der Karibik? Oder in Thailand? Er dachte angestrengt über alle Möglichkeiten nach, die sich ihm auf einmal boten und hätte vor Freude beinahe geweint. Alles war möglich und er könnte es jetzt sofort tun. Einfach loslassen... Nicht einmal Gepäck würde er mitnehmen. Er sah sich schon cocktailstrinkend in einer Hängematte liegen und wollte jetzt endlich sein Leben so genießen, wie er sichs verdient hatte. Er würde es tun.. Sofort!

Aber auf einmal klärte sich sein Blick und er bemerkte, dass er unbewußt schon längst mit seinem Auto losgefahren und irgendwo angekommen war. Er blickte auf und wußte im selben Moment, dass sein Unterbewußtsein einfach unbemerkt über seine Zukunft entschieden hatte. Einen kurzen Moment noch saß er mit leeren, glasigen Augen hinterm Steuer, dann zog er die Handbremse an, stieg er aus, schloss seinen Wagen ab und ging zur Arbeit. Etwas später erinnerte er sich noch kaum der wirren Gedanken, die er gehabt hatte und fragte sich den ganzen vormittag über, was denn mit ihm losgewesen war. Vielleicht sollte er ja im Sommer mal für ein paar Tage ans Meer fahren. Das wäre doch etwas...
Annapopanna - 28. Jan, 21:02

Gefällt mir gut ...

..diese schöne aber sehr traurige Geschichte! Schade daß er nicht losgefahren ist, hätte sein Leben bestimmt interessanter und spannender gemacht, selbst wenn er nicht bis Thailand gekommen wäre! Aber vielleicht ist die Fahrt ans Meer ja schonmal ein Schritt in die richtige Richtung...

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